Die Baggi – Zwischen Beats und Bedürftigkeit

Wer in Hannover „Baggi“ sagt, meint mehr als nur ein Gebäude. Für viele ist es ein Symbol – für durchfeierte Nächte, verschwitzte Partys, für Jugendkultur mitten in einer Ecke, die sonst eher grau als glamourös ist: der Raschplatz. Doch jetzt könnte dort etwas ganz anderes entstehen. Nicht laut, nicht bunt, sondern leise, ernst und sozial.

Die Idee: Aus der ehemaligen Diskothek wird ein Zentrum für Menschen, die auf der Schattenseite des Lebens stehen. Obdachlose, Suchtkranke, Menschen in schwierigen Lebenslagen – sie könnten dort künftig einen Anlaufpunkt finden. Beratung, Hilfe, Versorgung – mitten in der Stadt.

Das klingt nach einer großen Vision. Nach einer Stadt, die sich kümmert. Die nicht nur Pläne für neue Glasfassaden und Fahrradparkhäuser entwirft, sondern auch für die, die oft vergessen werden. Und es gibt Unterstützer. Aus dem Umfeld sozialer Träger heißt es, man denke schon länger über neue Konzepte für den Standort Baggi nach. Die Diakonie zeigt sich interessiert, zumindest grundsätzlich. Der Kontaktladen Mecki 2.0, den sie bisher am Raschplatz betreibt, soll ohnehin bald umziehen. Warum also nicht größer denken?

Doch kaum taucht die Idee auf, wird sie auch schon in Frage gestellt. Die Stadtverwaltung bleibt zurückhaltend. Zu teuer, heißt es. Zu wenig sinnvoll, da am neuen Standort in der Augustenstraße ja bereits etwas in Planung sei. Außerdem stehe das Baggi-Gebäude ohnehin auf Abrissliste – der Masterplan für das nördliche Bahnhofsviertel sieht seinen Rückbau innerhalb weniger Jahre vor. Warum also Geld in ein Haus stecken, das bald Geschichte sein soll?

Dazu kommen formale Hürden. Fördergelder vom Land für soziale Projekte – die sogenannten 67er-Hilfen – gibt es nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Baggi erfüllt die baulichen Anforderungen offenbar nicht. Kurz gesagt: Für das, was hier entstehen soll, ist das Gebäude nicht vorgesehen. Und schon gar nicht rentabel.

Auch die Eigentümerin, die Hannover Region Grundstücksgesellschaft, zeigt sich zurückhaltend. Von einem Obdachlosenzentrum in ihrem Gebäude habe man offiziell noch nichts gehört. Die laufende Masterplanung finde man überzeugend – die soziale Idee spielt in dieser offenbar keine Rolle.

Der aktuelle Mieter, Betreiber Martin Polomka, gibt sich offen, was Gespräche angeht. Doch viel mehr als ein „Man wird sehen“ ist auch von ihm nicht zu hören. Entscheiden kann er ohnehin nichts.

Am Ende bleibt die Baggi das, was sie immer war: ein Projektionsort. Früher für Musik, Nachtleben, jugendliche Freiheit. Jetzt für soziale Verantwortung und städtische Debatten.

Ob sie wirklich zum Treffpunkt für Menschen in Not wird, ist offen. Vielleicht ist die Idee zu spät gekommen. Vielleicht zu ambitioniert. Vielleicht einfach nur nicht systemkonform.

Aber vielleicht – und das wäre der eigentliche Gewinn – hat sie zumindest eine Diskussion angestoßen. Darüber, wie eine Stadt mit ihren Räumen umgeht. Und mit den Menschen, die nicht in ihre Masterpläne passen.