Die Liebenden aus dem Görlitzer Park

„Berlin Bytch Love“ Doku über obdachlose Jugendliche im Kommunalen Kino im Künstlerhaus am

  • Freitag, 1. März 2024 – 17:00
  • Montag, 11. März 2024 – 18:00
  • Sonntag, 31. März 2024 – 18:00

Sophienstraße 2, 30159 Hannover

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Sophie und Dominik: Eine Geschichte von Liebe, Freiheit und Verantwortung

Zwei Teenager lassen sich durch Kreuzberg treiben. Wenn sie sich gerade mal nicht küssen, necken sie einander, schlittern im Görlitzer Park lachend die Mondhügel-Rutsche hinab, essen Döner oder rauchen einen Joint. Zwischendurch scheint die Sonne, ein Gefühl von Freiheit herrscht, Ferienstimmung. Der wahre Grund allerdings, warum die beiden nicht zur Schule gehen, offenbart sich, als sie abends ihre Schlafsäcke vor dem Eingang einer Kirche ausrollen. Sophie und Dominik sind obdachlos.

Der Filmemacher Heiko Aufdermauer lernte das Paar aus Eberswalde im Sommer 2018 kennen, als die damals 15-jährige Sophie seinen Hund streichelte, der vor einem Supermarkt nahe dem Görli jaulend auf sein Herrchen wartete. Auf den Vorschlag, sich mit der Kamera begleiten zu lassen, reagierten sie und der 17-jährige Dominik zunächst skeptisch, fassten dann aber Vertrauen zu Aufdermauer und seinem Kollegen Johannes Girke. Zwei Jahre lang durften die Regisseure schließlich regelmäßig den Alltag der Jugendlichen filmen, in dem die Unbeschwertheit des ersten Sommers nicht lange vorhielt.

Die Freude über das selbstbestimmte Leben in Berlin, das sich mit Flaschensammeln und Schnorren einigermaßen finanzieren lässt, fällt mit den Temperaturen. Hilfe vom Staat können beide nicht in Anspruch nehmen, weil Sophie als vermisst gemeldet wurde und sich Dominik für diverse Straftaten verantworten muss. Dann wird Sophie schwanger. Die Frage, ob sie das Kind bekommen will, stellt sich nicht, selig betrachten die beiden die ersten Ultraschall-Bilder. Doch dass sich nun etwas ändern muss, wissen beide. Dominik stellt sich dem Gericht und damit auch seiner größten Angst: im Falle einer Gefängnisstrafe von seiner Freundin getrennt zu werden.

So nah wie die Jugendlichen einander sind, so nah kommt ihnen die Kamera. Sie offenbart Narben, auch äußere, die bei Dominik Zeugnisse einer schweren Drogensucht sind. Von dem harten Stoff ist er runter, aber ohne Gras kann er auf der Straße nicht einschlafen. In einer eigenen Wohnung will er aber damit Schluss machen. So träumen die beiden von der Zukunft. Erst eine Bleibe, dann die Hochzeit und am besten noch ein zweites Kind.

Mit feinem Gespür für Rhythmus und die Spannung zwischen ihren Protagonisten montieren die Regisseure stille Momentaufnahmen zu einer dichten Erzählung – dass es sich hier um einen Dokumentarfilm handelt, kann Zuschauern ohne Vorwissen durchaus entgehen. Die Gefilmten agieren vollkommen arglos, Blicke in die Kamera oder Momente des Unwohlseins mit ihrer Anwesenheit sind nicht auszumachen. Subtil zeigen Girke und Aufdermauer, wie der Druck auf die leiderprobten Seelen der Jugendlichen schleichend steigt, als ihre Träume Realität werden. Die eigene Wohnung am Waldrand, mit dem Kinderbett in der Ecke – das fühlt sich bald, zumindest zwischendurch, auch nach Gefängnis an.

Wie auf Interviews und Erklärungen aus dem Off verzichten die Filmemacher auch auf Werturteile, bleiben stets auf Augenhöhe der Liebenden, die ein schier end- und bedingungsloses Verständnis füreinander aufbringen. Auch deshalb stellt sich beim Zuschauen Mitgefühl anstatt Mitleid ein, vor allem aber Respekt. Für zwei junge Menschem, die Verantwortung übernehmen wollen, für sich selbst und für andere, auch wenn sie selbst zu oft im Stich gelassen wurden.