Im Sommer 2021 wurde der Obdachlose Dirk Schleicher in der Eilenriede Opfer eines grausamen Verbrechens. Lange blieb die Tat ungeklärt, bis sich Ende 2023 ein Mann aus Bielefeld unerwartet bei der Polizei stellte und gestand. Nun hat die Staatsanwaltschaft Hannover Anklage gegen den 52-Jährigen erhoben. Der Vorwurf: heimtückischer Mord.
Ein Fall drohte zu versanden
Die Ermittlungen liefen ins Leere. Trotz Zeugenaufrufen und der Präsenz in der Kriminalsendung „Aktenzeichen XY“ blieb der Mord an Dirk Schleicher lange ein Rätsel. Der 54-jährige Obdachlose war vielen Hannoveranern bekannt, doch Hinweise auf einen Täter gab es nicht. Dann, am 25. November 2023, sorgte ein Geständnis für eine Wendung: Ein Mann trat in Bielefeld an die Polizei heran und behauptete, Schleicher in der Nacht auf den 6. Juli 2021 erstochen zu haben.
Tat aus eigenem Antrieb?
Laut Staatsanwaltschaft soll der Tatverdächtige einige Tage zuvor beobachtet haben, wie Schleicher sich Passanten und Kindern näherte. Dies habe ihn zu der Tat bewogen. In der besagten Nacht griff er den Obdachlosen mit acht Messerstichen an. Die Ermittler gehen von einer heimtückischen Tötung aus, da das Opfer im Schlaf überrascht wurde.
Doch es bleiben Fragen: War Schleicher tatsächlich auffällig, oder beruhte die Wahrnehmung des Täters auf einer Fehlinterpretation? Wieso entschied er sich zu diesem brutalen Schritt? Und vor allem: Wie lange hatte er Schleicher im Blick? Die Staatsanwaltschaft vermutet, dass der Beschuldigte zur Tatzeit auf Arbeitssuche in Hannover war. Ob er den Obdachlosen gezielt ausgespäht hat, soll im Prozess geklärt werden.
Ein Mann, der Hilfe ablehnte
Der Mord sorgte in Hannover für Entsetzen. Anwohner, die Schleicher kannten, beschrieben ihn als zurückgezogen und friedlich. Er lebte bewusst auf der Straße und schlug mehrfach Hilfsangebote aus. Sozialarbeiter versuchten, ihn in Unterkünfte zu vermitteln, doch er zog es vor, unter freiem Himmel zu schlafen. Dennoch war er nicht allein: Viele Menschen versorgten ihn mit Essen, Decken und wärme ihm durch kleine Gesten den Alltag.
Tragisches Ende einer einsamen Existenz
Der Winter 2021 brachte ihm eisige Nächte und zwei Krankenhausaufenthalte, doch er überstand die Strapazen. Ein paar Monate später, in einer milden Sommernacht, wurde er Opfer eines Verbrechens. War es eine Fehlwahrnehmung des mutmaßlichen Täters, die Schleicher das Leben kostete? Das Gericht wird nun darüber entscheiden.