Kälte, Ignoranz und ein verlorenes Leben: Der tragische Tod von Miroslav J. in Hannover

Noch bevor der Winter offiziell beginnt, hat die Kälte in Hannover ihr erstes Opfer gefordert. Am 21. November wurde Miroslav J., ein 61-jähriger Obdachloser polnischer Herkunft, hinter dem Hauptbahnhof gefunden. Bei nur 4 Grad Außentemperatur und durchnässter Kleidung kämpfte er bereits gegen die Folgen der Unterkühlung. Obwohl der Rettungsdienst ihn ins Krankenhaus brachte, verstarb Miroslav wenig später. Tragisch – und vermeidbar.

Miroslavs Tod ist mehr als eine schockierende Nachricht. Er zeigt, dass Menschen inmitten unserer Stadt unsichtbar leiden – im Schatten der kalten Bahngleise, während hinter warmen Fenstern das Leben seinen gewohnten Gang geht. Warum musste er draußen schlafen, obwohl es Einrichtungen gibt? Die Antwort liegt in einem erschreckenden Detail: Miroslav mied städtische Unterkünfte, aus Angst, beklaut zu werden und wegen schlechter hygienischer Bedingungen.

Zusammen mit ihm wurde ein weiterer Mann in kritischem Zustand ins Krankenhaus eingeliefert, dessen Überleben noch ungewiss ist. Beide gehören zu einer Gemeinschaft von Wanderarbeitern und Obdachlosen, die Schutz suchen, wo die Gesellschaft wegschaut – im Schatten des Hauptbahnhofs. Miroslavs Geschichte zeigt: Die Kälte war tödlich, aber der wahre Feind ist die Ignoranz.

Dabei hätte es anders sein können. Erst kürzlich hatte Miroslav in Hamburg einen Reisepass beantragt, um Bürgergeld zu erhalten. Er war einst nach Deutschland gekommen, um zu arbeiten, verlor jedoch seine Anstellung und landete auf der Straße. Wie viele andere hatte er nicht die Mittel, um nach Polen zurückzukehren.

Dieser Tod ist kein Einzelfall. Bereits im Januar war ein 51-jähriger Rollstuhlfahrer stark unterkühlt aufgefunden worden und starb ebenfalls. Doch Miroslavs Tod darf nicht nur eine weitere traurige Statistik sein. Er ist ein Mahnmal.

Es ist an der Zeit, Solidarität zu zeigen: durch Spenden, freiwillige Hilfe oder einfach durch Aufmerksamkeit. Niemand sollte in einer Stadt wie Hannover erfrieren müssen. Miroslav erinnert uns daran, dass wir als Gesellschaft nicht weggucken dürfen. Kälte tötet – doch gemeinsam können wir das verhindern.

Quelle: Asphalt – Das soziale Straßenmagazin wird seit 1994 herausgegeben und erscheint monatlich sowohl in Hannover als auch in weiteren 14 Städten in Niedersachsen.

Quellenangabe: HAZ vom 30.11.2024, Seite 22