Es ist ein überraschender Wendepunkt in einem lange ungeklärten Fall: Drei Jahre nach dem brutalen Mord an Dirk Schleicher in Hannovers Eilenriede hat sich ein 52-jähriger Tatverdächtiger der Polizei gestellt und die Tat gestanden. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft Hannover mitteilen, wurde der Mann in Bielefeld festgenommen und befindet sich nun in Untersuchungshaft. Doch viele Fragen bleiben offen.
Ein Cold Case, der plötzlich heiß wird
Dirk Schleicher, ein bei Anwohnern der List, Oststadt und des Zooviertels bekannter Obdachloser, wurde im Juli 2021 tot am Rande des Stadtwaldes aufgefunden. Der damals 54-Jährige war erstochen worden. Trotz intensiver Ermittlungen und öffentlicher Aufrufe, darunter ein Beitrag im TV-Magazin Aktenzeichen XY, blieb der Täter unbekannt – bis jetzt.
Warum der Verdächtige sich nun, über drei Jahre nach der Tat, stellte, ist noch unklar. Laut Staatsanwaltschaft gab er an, Schleicher getötet zu haben, weil dieser sich „unangemessen gegenüber Passanten und spielenden Kindern verhalten“ habe. Diese Begründung wirft jedoch Fragen auf, da Schleicher als friedlich, wenn auch psychisch krank und manchmal verwirrt, beschrieben wurde. Zudem ist der Vorfallzeitpunkt – mitten in der Nacht – schwer mit der Aussage des Beschuldigten in Einklang zu bringen.
Ein Leben auf der Straße – und ein tragisches Ende
Dirk Schleicher lebte trotz psychischer Erkrankungen dauerhaft auf der Straße, auch im Winter. Sozialarbeiter bemühten sich vergeblich, ihn in Unterkünfte zu vermitteln. Stattdessen bauten Nachbarn und Spaziergänger Brücken, indem sie ihn mit Lebensmitteln, Decken und anderen Hilfen unterstützten. Sein Tod erschütterte die Stadt. Blumen und Kerzen an seiner Lieblingsbank in der Eilenriede zeugten von der Anteilnahme.
Was kommt als Nächstes?
Die Ermittlungen konzentrieren sich nun darauf, die genauen Umstände und Hintergründe der Tat zu klären. Sollte es zur Anklage kommen, wird der Fall vor dem Landgericht Hannover verhandelt. Für die Angehörigen und Freunde von Dirk Schleicher könnte dieser Schritt zumindest einen Teil der offenen Fragen beantworten – und die Hoffnung auf Gerechtigkeit bringen.
Das Geständnis des Verdächtigen ist ein wichtiger Meilenstein, doch der Fall zeigt auch, wie komplex und vielschichtig das Leben und die Probleme von Menschen am Rande der Gesellschaft sein können. Dirk Schleicher hinterlässt eine Lücke, die weit über die Eilenriede hinaus spürbar bleibt.
Hier findet Ihr einen aktuellen Artikel dazu aus der HAZ vom 26.11.2024