In der heutigen Ausgabe der HAZ wurde intensiv über die Rechtmäßigkeit der Unterbringungssatzung in Hannover diskutiert, insbesondere im Hinblick auf die Höhe der erhobenen Gebühren. Die Diskussion wurde durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weiter angeheizt, das die Gebührensatzung für rechtens erklärte, selbst wenn es um die Unterbringung in einer Einzelwohnung ging.
Die Kernpunkte der Gerichtsbegründung lassen sich in drei Aspekten zusammenfassen:
- Kostendeckungsprinzip: Das Gericht stellte fest, dass die neue Gebührenordnung der Stadt Hannover nicht gegen das Kostendeckungsprinzip verstößt. Das bedeutet, dass die Stadtverwaltung nicht mehr Geld durch die neuen Gebühren einnimmt, als sie tatsächlich für die Unterbringungskosten aufwendet.
- Äquivalenzprinzip: Ein weiterer Aspekt, den das Gericht prüfte, war das Äquivalenzprinzip. Dabei wurde festgestellt, dass die Stadt Hannover mit ihren Unterbringungen am freien Markt keine vergleichbaren oder günstigeren Konditionen erzielen kann.
- Sozialstaatsprinzip: Das Gericht sah auch das Sozialstaatsprinzip als unverletzt an. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass im Falle von Erwerbsuntätigkeit die Kosten von Sozialleistungsträgern übernommen werden. Berufstätige könnten zudem in vielen Unterkünften Gebühren reduzieren, wenn ihre Einkünfte nicht ausreichen.
Trotz des Urteils des Verwaltungsgerichts setzt sich die Debatte über die Angemessenheit der Gebühren und die Qualität der Unterkünfte fort. Besonders bleibt unsere Einschätzung bestehen, dass 411 € für ein abgenutztes Zweibett-Zimmer in der Schulenburger Landstraße als zu hoch empfunden werden und bleibt damit weiterhin Gegenstand der Diskussion.
Hier ist die dazugehörige Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Hannover:
Die Satzung der Landeshauptstadt Hannover über die Unterbringung Obdachloser und Geflüchteter im Stadtgebiet ist rechtmäßig
Die 10. Kammer hat mit Urteil vom heutigen Tag eine Klage gegen einen Gebührenbescheid der Landeshauptstadt Hannover für die Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft abgewiesen.
Der Kläger ist seit 2015 in Unterkünften der Beklagten untergebracht. Am 26. März 2020 beschloss der Rat der Beklagten eine neue Satzung über die Unterbringung Obdachloser und Geflüchteter im Stadtgebiet, die zum 1. August 2020 in Kraft trat. Darin wurden die Benutzungsgebühren von 159 EUR auf 411 EUR erhöht.
Am 15. September 2020 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid gegen den Kläger. Darin änderte sie die Benutzungsgebühren entsprechend der Satzung auf 411 EUR. Einen Widerspruch des Klägers wies sie zurück und bezog sich dabei auf die genannte Satzung.
Der Kläger hat am 10. März 2021 Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, die Gebührenkalkulation sei fehlerhaft. Außerdem sei die Gebühr zu hoch.
Die 10. Kammer hat die Klage mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen.
Ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip konnte das Gericht nicht feststellen. Die Gebühreneinnahmen der Beklagten übersteigen die ihr durch die Unterkünfte entstehenden Kosten nicht. Die Gebührenkalkulation enthält zudem keine rechtlich durchschlagenden Mängel. Ein Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip liegt nicht vor. Das Gericht konnte nicht feststellen, dass sich die von der Beklagten angebotenen Unterbringungsleistungen am freien Markt zu ähnlichen oder günstigeren Konditionen beschaffen ließen. Dass die Gebühren im Jahr 2020 deutlich erhöht wurden, liegt daran, dass sie zuvor über lange Zeit durch nicht angehoben wurden. Auch das Sozialstaatsprinzip hat das Gericht als nicht verletzt angesehen. Zum einen übernimmt im Falle einer Erwerbsuntätigkeit der zuständige Sozialleistungsträger die Unterkunftskosten, zum anderen besteht in vielen Einrichtungen der Beklagten die Möglichkeit, die Gebühren zu ermäßigen, sofern keine ausreichenden Einkünfte erzielt werden.
Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg beantragt werden. Die Entscheidung wird zeitnah in dem kostenfrei zugänglichen Niedersächsischen Vorschriftensystem (https://voris.wolterskluwer-online.de) veröffentlicht werden.
Az. 10 A 683/22