Medizinstudenten behandeln Obdachlose: Ausgezeichnetes Engagement in Hannover

Jeden Mittwoch verwandeln sich die Räume der Caritas in Hannover in eine Anlaufstelle für Menschen, die dringend medizinische Hilfe benötigen – aber oft keinen Zugang zu regulärer Gesundheitsversorgung haben. Hier betreiben angehende Mediziner der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) die Studentische Poliklinik, ein Projekt, das nun mit dem Wissenschaftspreis Niedersachsen 2024 ausgezeichnet wurde.

Medizinische Hilfe für Menschen am Rand der Gesellschaft

Viele der Patienten, die zur Sprechstunde kommen, sind nicht krankenversichert, sprechen kaum Deutsch oder schämen sich, wegen ihrer Armut einen Arzt aufzusuchen. „Ich habe dort Menschen erlebt, die sich nicht einmal die Zuzahlung für Medikamente leisten können“, berichtet Joana Wrasse, Medizinstudentin und Mitorganisatorin des Projekts. Besonders betroffen seien Menschen mit chronischen Erkrankungen, offenen Wunden oder psychischen Problemen, deren Gesundheitszustand sich durch das Leben auf der Straße dramatisch verschlechtert hat.

Seit 2020 fester Bestandteil des Medizinstudiums

Die Studentische Poliklinik, die als Wahlfach ins Medizinstudium integriert ist, bietet nicht nur den Patienten dringend benötigte Unterstützung, sondern ermöglicht den Studierenden wertvolle praktische Erfahrungen. In einem Jahr durchlaufen rund 50 Studierende ab dem dritten Studienjahr das Programm und arbeiten jeweils für zwei Monate in der Ambulanz. Begleitet werden sie von Tutoren und erfahrenen Ärzten aus der Region Hannover und der MHH.

„Das Projekt bringt uns in Kontakt mit Menschen, die sich in schwierigen Lebenssituationen befinden. Das ist für den späteren Berufsalltag enorm wichtig“, erklärt Joana Wrasse. Sie selbst war mehrere Jahre als Tutorin aktiv und beschreibt die Arbeit als „medizinisch und menschlich prägend“.

Von Studierenden getragen – von der Gesellschaft gefördert

Die Idee zur Poliklinik stammt von Maleen Fiddicke, die das Projekt während ihres Studiums ins Leben rief. Heute ist sie Ärztin in Weiterbildung und unterstützt die Studierenden weiterhin. Auch die Gesellschaft der Freunde der MHH fördert das Projekt finanziell.

Mit dem mit 3.500 Euro dotierten Preisgeld soll ein medizinisches Gerät angeschafft werden, um die Behandlungsräume der Caritas weiter auszurüsten. „Das Geld soll den Patienten zugutekommen“, betont Wrasse.

Ein Projekt mit Zukunft

Die wöchentliche Sprechstunde hat sich längst als unverzichtbarer Teil der Grundversorgung für Obdachlose in Hannover etabliert – und zeigt, wie wichtig soziales Engagement im Gesundheitswesen ist. Die Auszeichnung mit dem Wissenschaftspreis unterstreicht den Wert dieses besonderen Einsatzes für die Gesellschaft.

Ein Projekt, das nicht nur den Patienten, sondern auch der nächsten Generation von Ärzten neue Perspektiven eröffnet.

Mehr Infos dazu in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 22.11.2024 und in der ARD Mediathek