Fachleute haben immer damit gerechnet, jetzt ist der Fall eingetreten: die Massenunterkunft „Alter Flughafen“ ist ein Infektionshotspot geworden.
Und es passiert, was befürchtet wurde: die zuständigen Behörden gehen planlos und schlecht abgestimmt mit dieser Situation um. Ein Beleg dafür ist der anhängende Bericht des Tagestreffs NORDBAHNHOF der SEWO e.V. Menschen, die evtl. noch nicht positiv getestet werden konnten, jedoch durch aktuelle Kontakte bereits infiziert sind oder zumindest könnten, laufen durch die Stadt. Welche Folgen das hat, brauchen wir nicht besonders auszuführen.
Zwei Probleme machen wir an dieser Stelle deutlich:
1. Zuständige Behörden reagieren unabgestimmt und nicht sachgerecht. K1 Personen müssen in Quarantäne genommen werden, sofern sie nicht bereits vollständig geimpft oder genesen sind. Trotz der ersten Impfangebote ist aber noch ein Teil der Betroffenen nicht geimpft, so dass Quarantänemaßnahmen durch die Gesundheitsbehörden anzuordnen und in diesen Fällen auch Unterbringungsmöglichkeiten zu schaffen sind. Die Einlassung, das Quarantänehotel sei voll, ist weder sachgerecht noch tolerabel. Wenn ein Hotel voll ist, müssen weitere Kapazitäten geschaffen werden. Dafür ist allein die Regionsverwaltung verantwortlich. Selbst wenn 18 Monate nach Pandemiebeginn ein Plan existieren sollte, der Bericht der Mitarbeitenden des Nordbahnhof zeigt, dass das Handeln nicht planvoll und abgestimmt ist. Wie vielfach üblich, wird die Verantwortung weitergeschoben.
2. Massenquartiere wie der „Alte Flughafen“ müssen geschlossen werden. StiDU e.V. hat bereits im vergangenen Jahr durch Berechnungen belegt, dass die Notunterbringung in Hotels nicht teurer, aber unter mehreren Aspekten erheblich besser als der Betrieb dieser Massenquartiere ist. Dazu kommt, dass die ordnungsrechtlich gebotenen Tagesaufenthalte bei einer Hotelbelegung von selbst entstehen, da die Menschen nicht mehr morgens auf die Straße gesetzt werden, Hotelunterbringung also tatsächlichen einen tatsächlichen und finanzieller Zusatznutzen darstellt. Hier ist die Landeshauptstadt Hannover bis heute ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen.
Die Einlassungen der Verwaltung, man habe die Abstände vergrößert klingen wie Hohn. In einer Halle sind viele Menschen zusammen untergebracht. Das ist schon unter Normalbedingungen ein Angriff auf die verfassungsrechtlich geschützte Menschenwürde.
Wir fordern die Verwaltungen von Stadt und Region auf, ihren gesetzlich gebotenen Verpflichtungen zum Schutz der Menschen, die ohnehin an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurden, unverzüglich nachzukommen.
Situationsbericht des Tagestreff NORDBAHNHOF der SEWO e.V.
Aufgrund von Coronafällen in der Unterkunft Alter Flughafen und der Tatsache, dass am Sonntag ein Corona Positiv- Getesteter im Tagesaufenthalt Nordbahnhof war, haben wir heute entschieden, nur Getestete, Geimpfte oder Genesene in die Einrichtung zu lassen. Da viele Besucher noch nicht geimpft sind, haben wir beschlossen, Personen zum Testzentrum in die Nordstadt zu schicken. Frau X und Herr Y haben aber keine Personalpapiere, so dass sich der Arzt der Straßenambulanz bereit erklärt hat, beide zu testen.
Kurze Zeit später kam der Arzt zu uns ins Büro und informierte uns darüber, dass bei Frau X der Schnelltest positiv ausfiel, der Test bei Herrn Y war erst unklar, der zweite negativ. Unser Tagestreff wurde bei einem Telefonat und per E-Mail vom alten Flughafen informiert, dass es Coronafälle gäbe und dass das Quarantänehotel voll sei.Eine bei uns tätige Sozialarbeiterin telefonierte mehrfach mit der Landeshauptstadt Hannover, die leider auch nur die Information erhielt, dass das Quarantänehotel voll sei. Die LHH hat das Gesundheitsamt informiert. Das Gesundheitsamt meldete sich und informierte uns, dass ein Rettungswagen unterwegs sei, um die beiden Personen abzuholen.
Der Rettungssanitäter wurde von uns informiert, dass Frau X heute bei unserem Arzt von der Caritas positiv auf Covid 19 getestet wurde und der Partner Herr Y negativ getestet wurde. Der Rettungssanitäter sprach dann mit den Beiden und Frau X beschrieb, dass sie seit Tagen starke Grippesymptome hätte. Sie wurde weiter gefragt, ob sie und ihr Partner lieber ins Krankenhaus oder in ein Hotel wollten. Beide äußerten den Wunsch, lieber in einem Hotel untergebracht zu werden. Der Rettungssanitäter tätigte dann ein Telefonat und sagte, dass im Hintergrund nach einer Lösung für eine Unterbringung gesucht wird im Moment aber keine Unterbringungsmöglichkeit besteht. Das Gesundheitsamt würde sich bei uns im Tagesaufenthalt melden, wann blieb unklar. Der Rettungswagen übergab uns ein Protokoll, sagten sie hätten jetzt Feierabend und fuhr dann weg. Das Pärchen saß zu diesem Zeitpunkt seit ca. 3 Stunden vor der Tür.
Unsere Sozialarbeiterin rief später die Rettungsleitstelle an und fragte, was wir denn nun tun sollen, wir könnten die beiden nicht in die in die Straßenbahn und weiter in die Stadt gehen lassen. Darüber hinaus, war die Frau in keinem guten Zustand, weinte und hatte Angst. Der Mitarbeiter von der Rettungsleitstelle, der seinen Namen nicht nennen wollte, erklärte, dass der Rettungsdienst nicht zuständig dafür wäre, dass Personen in eine Unterkunft wie die Quarantänestation gebracht würden und legte dann auf.
Die Sozialarbeiterin rief daraufhin die Polizei an, da die Rettungsleitstelle gesagt hatte, wir sollten uns an die Polizei wenden, damit die Personen transportiert würden. Die Feuerwehr sei nicht zuständig. Die Sozialarbeiterin hat der Polizei die Situation erklärt. Die Polizei sagte uns zu, die Situation zu klären.
Dann rief die Polizei aber zurück und sprach noch einmal ausführlich über die Situation mit den Leiter der Einrichtung. Der Polizeibeamte sagte dann, dass noch einmal ein Polizeiwagen geschickt wird.
Es erfolgte später ein Rückruf der Polizei, welche erklärte mit der Rettungsleitstelle telefoniert zu haben und gab an, dass die Feuerwehr dafür zuständig ist (sobald das Gesundheitsamt geschlossen ist), Frau X zu transportieren, und zwar egal, wohin, -ins Hotel oder ins Krankenhaus. Die Feuerwehr sei eindeutig für den Transport kranker Menschen zuständig. Die Rettungsleitstellen seien darüber informiert worden. Es wurde vereinbart, dass wir eine halbe Stunde warten (Zeitpunkt 17:38 Uhr) und wenn dann kein Wagen erschienen ist einen Krankenwagen über die 112 rufen.
Um 18:45 Uhr kam der Rettungswagen und hat Frau X ins Krankenhaus gebracht. Herr Y wurde nicht mitgenommen. Da er K1- Person ist, konnte er in keine Notunterkunft und musste draußen schlafen. Er wurde von uns mit Schlafsäcken und Decken ausgestattet.
Tagesaufenthalt Nordbahnhof
Schulenburger Landstraße 34
30165 Hannover